Für eine gelingende Patientenkommunikation
Beschwerdemanagement und Patientenfürsprache in Patientenportalprojekte frühzeitig einbeziehen
Patientenportale eröffnen zahlreiche neue Möglichkeiten für einen professionellen und konstruktiven Patientendialog. Wenn sie außerdem in der Lage sind, auch aus negativen Rückmeldungen der Patient:innen zu lernen und diese für die Qualitätsverbesserung zu nutzen, sind sie auf dem richtigen Weg. Wenn Beschwerdemanagement und Patientenfürsprache frühzeitig in das Patientenportalprojekt eingebunden werden, kann das gelingen.
Mit Patientenportalen zu einem konstruktiven Patientendialog
Patientenportale eröffnen zahlreiche neue Möglichkeiten für eine professionelle Patientenkommunikation: Patient:innen erhalten relevante organisatorische und fachliche Informationen, und das komfortabel und rund um die Uhr. Bei genauer Betrachtung ist dies eine Mitteilungshandlung seitens der Klinik, aber noch keine Kommunikation. Wirkliche Patientenkommunikation entsteht, wenn auch Patient:innen die Möglichkeit haben, der Klinik etwas mitzuteilen. Auch das ermöglichen Portale: Patient:innen können persönliche Fragen und Anliegen mitteilen oder mit dem digitalen Patiententagebuch das Fachpersonal über ihr Befinden informieren. Beide Kommunikationspartner, also Klinik und Patient:innen, haben die Möglichkeit, in den Kommunikationsprozess einzugreifen und zu interagieren. Damit beginnt der Patientendialog.
Relevant auch für Portale: Auf Patientenbeschwerden professionell reagieren
Nicht immer sind Patient:innen zufrieden und nicht immer verläuft der Patientendialog störungsfrei. Dies wird sich auch mit Patientenportalen nicht ändern. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Anforderung, den Umgang mit Patientenbeschwerden bereits bei der Planung des Portals mitzudenken. Üblicherweise ist der Umgang mit Patientenbeschwerden Aufgabe des Beschwerdemanagements. Kliniken sind zur Durchführung eines patientenorientierten Beschwerdemanagements gesetzlich verpflichtet. Darüber hinaus gibt weitere gute Gründe für einen professionellen Umgang mit Beschwerden, die von der Autorin an anderer Stelle ausführlich dargestellt wurden.
Eskalationen vermeiden: mit zeitnaher und kompetenter Reaktion auf Patientenbeschwerden
Grundsätzlich sollte auf eine Patientenbeschwerde zeitnah und kompetent reagiert werden, da Beschwerdesituationen leicht eskalieren können. Dies wirkt sich extrem negativ aus: Der aufgebrachte Patient bindet Personal, da er nicht kooperationsbereit ist. Im Nu zieht seine Beschwerde Kreise und weitere Mitarbeitende sind damit befasst. Womöglich endet die Angelegenheit in einer juristischen Auseinandersetzung – oder zu negativen Bewertungen beispielsweise in Sozialen Medien. Aus diesem Grund machen Kliniken den Patient:innen viele Angebote, Beschwerden möglichst noch während des stationären Aufenthaltes mitzuteilen, um gemeinsam nach einer Lösung suchen zu können. Diese sogenannte Beschwerdestimulation erfordert zahlreiche Beschwerdekanäle wie Beschwerdebriefkästen, Beschwerde-Hotlines, Beschwerdeformulare oder Beschwerdesprechstunden. Patientenportale können diese Optionen um einen weiteren Beschwerdekanal sinnvoll ergänzen und langfristig andere Beschwerdekanäle vielleicht sogar überflüssig machen. Sie ermöglichen Patient:innen, Beschwerden unmittelbar mitzuteilen und das Krankenhaus hat die Möglichkeit, zeitnah darauf zu reagieren. Damit sind die zentralen Bedingungen für eine erfolgreiche Beschwerdebearbeitung erfüllt. Dies kann allerdings nur funktionieren, wenn das Beschwerdemanagement und auch die Patientenfürsprache als wichtige Stakeholder bereits bei der Konzeption des Portals einbezogen werden.
Aus Fehlern lernen: Datenbasiertes Verbesserungsmanagement für Patientenportale
Beschwerden beinhalten wertvolle Hinweise aus Patientensicht, die für ein datenbasiertes Verbesserungsmanagement genutzt werden können. Während Offline-Beschwerdekanäle eine manuelle Erfassung, Nachverfolgung und Auswertung der Patientenrückmeldungen erforderlich machen, erfolgt dies im Portal ohne Medienbruch auf digitalem Weg, was den Aufwand für die Beschwerdeauswertung reduziert. Wenn Beschwerdeanlässe systematisch erfasst und auswertet werden, können Beschwerdeursachen gezielt behoben werden. Das gilt auch für die digitale Welt: Nur ein Patientenportal, das in der Lage ist, aus Fehlern und negativen Rückmeldungen zu lernen, bietet den Patient:innen auch langfristig einen guten Service und hat gute Voraussetzungen für eine gelingende Patientenkommunikation. Dies wiederum ist die wesentliche Bedingung dafür, dass Patient:innen das Portal überhaupt nutzen werden. Ein weiterer Grund, das Beschwerdemanagement und die Patientenfürsprache bereits frühzeitig einzubinden.
Vorhandenes Know-how des Beschwerdemanagements und der Patientenfürsprache für Patientenportale nutzen
Beschwerdemanager:innen und Patientenfürsprechende wissen aus ihrer täglichen Praxis genau, „wo der Schuh drückt“ – also welche Prozesse haken, welche Kommunikationsdefizite bestehen oder welche Formulierungen bei Patient:innen häufig zu Missverständnissen führen. Ebenso verfügen sie über große Erfahrung in der Patientenkommunikation. Die Expertise von Beschwerdemanagement und Patientenfürsprache ist sehr wertvoll für die nutzerfreundliche Gestaltung des Portals und für die passgenaue Integration in bestehende Prozesse. Ein Patientenportalprojekt sollte diese Potenziale unbedingt ausschöpfen.
Fazit
Patientenportale können ein zentraler Hebel sein, um Beschwerden besser zu verstehen, effizienter zu bearbeiten und daraus nachhaltig zu lernen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Beschwerdemanagement und Patientenfürsprache von Anfang als aktive Mitgestaltende in die Konzeption eines Portals eingebunden werden – für eine gelingende Patientenkommunikation und einen attraktiven Service für Patient:innen.
Autorin: Gisela Meese, Organisationsentwicklerin für Transformationsprojekte im Gesundheitswesen und Expertin für Patientenkommunikation